Seit
Monaten gibt es kaum ein anderes Thema, das unser Leben mehr beherrscht als
Corona. Eine fordernde Zeit, nicht nur für Erkrankte, auch für das Gesundheitspersonal,
für das Gewerbe, die Kultur und für Vereine wie den Rotary Club Olten (RCO).
Der scheidende Clubpräsident Ulrich Gagg im Interview.
Ulrich
Gagg, mitten in der Pandemie übernahmen Sie im Sommer 2020 das Präsidentenamt
des RC Olten. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Anlässlich der Amtsübernahme
Ende Juni war es glücklicherweise noch möglich, sich persönlich zu begegnen. Bis
Ende 2020 konnten wir unser Programm grösstenteils normal durchführen. Ab
Anfang 2021 war dies nicht mehr möglich. Deshalb haben wir entschlossen, den
Austausch über andere Wege zu organisieren. Unter anderem habe ich damit
begonnen, wöchentlich ein Bulletin per Mail zu verschicken, in dem Neuigkeiten
und Wissenswertes für unsere Mitglieder Platz fanden. Auch haben wir unsere Input-Vorträge,
die wir bis anhin vor Livepublikum durchführten, als Stream ins Internet
gestellt. Zu unseren Gästen in dieser Zeit zählten neben anderen
Eventveranstalter Mike Zettel, Gastroexpertin und Buchautorin Isabelle Bitterli
und Dressurreiterin Carla Aeberhard. In ihren Präsentationen schenkten sie uns Einblicke
in ihr Tun, liessen uns an ihrer Passion teilhaben und schafften es, den zuweilen
kräftezehrenden Pandemiealltag für einen Moment in den Hintergrund zu rücken.
Für
den Rotary Club, der vom persönlichen Austausch seiner Mitglieder lebt, eine
besonders harte Zeit.
Dem RCO erging es nicht anders
als wohl den meisten von uns. Von einem Tag auf den anderen wurde einem vor
Augen geführt, wie wichtig und wertvoll die physische Begegnung und der direkte
Austausch doch sind. Fallen die sozialen Kontakte komplett weg, wird es relativ
rasch einigermassen öde. Darum hoffe ich nun umso mehr, dass mein Nachfolger Ruedi
Nützi in seiner Zeit als Präsident das Clubleben wieder vermehrt beim
Zusammentreffen der Mitglieder in der Stadt pflegen kann. Von vielen Rotariern weiss
ich, dass sie es schätzen, sich an Veranstaltungen wieder zu begegnen, wobei auch
gesagt werden muss, dass bei einigen noch immer eine gewisse Zurückhaltung und
Vorsicht zu spüren ist. Beide Bedürfnisse kann ich nachvollziehen und beides gilt
es zu respektieren.
Welches
war Ihr persönliches Highlight während der Zeit als RCO-Präsident?
Gemeinsam mit dem RC Olten-West
und dem RC Gösgen-Niederamt haben wir in den belastenden Monaten des Shutdowns
den Bewohnerinnen und Bewohnern der Altersheime in der Region eine süsse Dessertüberraschung
sowie einen Weihnachtsstern vorbeigebracht. Die Idee stammte von unserem
Mitglied Stefan Nünlist und stiess auf offene Ohren und Herzen bei allen
Kolleginnen und Kollegen. Eine wunderbare Aktion und gleichzeitig eine
ziemliche Logistikübung, die bei den Beschenkten dem Vernehmen nach ausgezeichnet
angekommen ist. Ausserdem habe ich mich darüber gefreut, dass wir in den
vergangenen Monaten sieben Neumitglieder in den RCO aufnehmen konnten. Darunter
zwei Frauen, was unserem noch immer männerreichen Club guttut. Neben unseren lokalen
Aktivitäten in der Region schätze ich besonders die internationalen Projekte
der Rotary-Bewegung, die in der Öffentlichkeit oft eher unbekannt, deshalb aber
nicht weniger wichtig sind.
Eines
dieser Projekte nennt sich Mine-ex und macht sich für Minenopfer stark. Welchen
weiteren internationalen Engagements widmen sich die Rotarier?
Mine-ex ist nur eine der Initiativen,
die weltweit eine grosse Wirkung haben und die wir als Mitglieder der
Rotary-Familie finanziell unterstützen. Weitere Projekte sind ShelterBox, die
im Katastrophenfall Notunterkünfte für Betroffene bereitstellt und PolioPlus, ein
humanitäres Projekt, das von Rotary ins Leben gerufen wurde, um die Menschheit
von der Kinderlähmung zu befreien. Finanziellen Support erhalten wir bei letzter
Initiative von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, welche für jeden Dollar von
Rotary zwei weitere beisteuert. Mit dem Geld werden die dringend benötigten
Impfungen finanziert, die sich die Bevölkerung ärmerer Länder nicht leisten kann.
So konnte im vergangenen Jahr ein sehr erfreuliches Etappenziel erreicht
werden. Alle 47 Staaten in Afrika sind seit 2020 poliofrei, wie die WHO
bestätigt hat.
Das
Distrikt-Motto 2020/21 lautet «Wir sind Rotary, leben wir es!». Was bedeutet
das, und welchen persönlichen Schwerpunkt haben Sie als Präsident für den RCO gesetzt?
Ich fand das Motto unseres
Governors Francesco Beretta Piccoli sehr treffend und habe für mich und den RCO
diesen Schwerpunkt in leicht erweiterter Form übernommen: «Wir sind Rotary,
leben wir es in dieser speziellen Zeit!» Rotarier zu sein bedeutet im Kern,
dass man ohne Eigennutzen der Gesellschaft dienlich ist. Dabei lassen wir uns
auch von einem unvorhersehbaren und einschneidenden Ereignis wie einer Pandemie
nicht stoppen. Eher im Gegenteil. Sie hat uns angetrieben, kreativ zu werden
und unser Clubleben den Umständen anzupassen. Selbstverständlich fällt das
Engagement leichter, wenn man sich nicht am Bildschirm virtuell treffen und besprechen
muss, aber die Erfahrung der letzten Monate hat uns gelehrt, was unter
erschwerten Bedingungen möglich ist. Das stimmt optimistisch und macht mich glücklich,
Teil dieser Gemeinschaft zu sein.
Interview von Adrian Portmann für
RC Olten